Zurückbehaltungsrecht neben Minderung

Ein Mieter, der seine Miete aufgrund eines Mangels der Mietwohnung mindert, kann neben dieser Minderung ein Zurückbehaltungsrecht nicht ohne zeitliche und betragsmäßige Begrenzung geltend machen.

BGH, Urteil vom 17.6.2015 – VIII ZR 19/14; LG Kassel – Urteil vom 12. Dezember 2013 – 1 S 73/13; AG Kassel – Urteil vom 31. Januar 2013 – 454 C 4666/09

Der Mieter wohnt seit 1998 in der Mietwohnung. Von März 2009 bis Oktober 2012 zahlte er wegen eines Schimmelpilzbefalls in mehreren Zimmern keine oder nur einen Teil der Miete. Aufgrund des Mietrückstandes sprach der Vermieter dem Mieter wiederholt die Kündigung des Mietverhältnisses aus. Der Mieter war aber der Auffassung, dass er die Zahlung der Miete aufgrund des Mangels zurückbehalten durfte und somit erst gar nicht in Verzug gekommen ist.

Der Räumungsklage des Vermieters gab der BGH nun statt, weil der Mieter sein Zurückbehaltungsrecht in zeitlicher Hinsicht praktisch unbegrenzt und in unangemessener Höhe geltend gemacht hat. Die Höhe der berechtigten Mietminderung betrug lediglich 20 %. Der Mieter hatte die restliche Miete jedoch über Monate hinweg komplett zurückbehalten.

Zwar ist der Mieter grundsätzlich dazu berechtigt, sich über die Minderung hinaus auf ein Leistungsverweigerungsrecht zu berufen, wenn der Vermieter die Mietsache nicht in einem gebrauchstauglichen Zustand hält. Wird die geschuldete Leistung jedoch teilweise erbracht, so kann die Gegenleistung nicht grenzenlos verweigert werden. Vielmehr darf die Verweigerung nicht gegen Treu und Glauben verstoßen.

Da das Leistungsverweigerungsrecht den Vermieter zu einer zügigen Mangelbeseitigung anhalten und kurzfristig Druck auf ihn ausüben soll, darf es nur zur Erfüllung dieser Zwecke eingesetzt werden. Zudem muss der insgesamt einbehaltene Betrag in einer angemessenen Relation zu der Bedeutung des Mangels stehen. Nach diesen Grundsätzen darf der Mieter sein Zurückbehaltungsrecht nicht ohne zeitliche und betragsmäßige Begrenzung ausüben. Bei der Beurteilung, in welcher Höhe und in welchem zeitlichen Umfang es zu gewähren ist, findet keine schematische Bewertung statt. Das Gericht muss die Umstände des jeweiligen Einzelfalles würdigen.