Besteht eine Pflicht für Mieter zur Zahlung der vereinbarten Miete bei (teilweiser) Schließung eines Geschäftsraums in der Corona-Krise oder kann der Vermieter die Zahlung der vollen Miete verlangen?
– KURZVERSION – zur Langversion
Die Frage, ob die Miete weitergezahlt werden muss oder zumindest
herabgesetzt werden kann, lässt sich pauschal nicht
beantworten. Maßgeblich sind vor allem die Vereinbarungen im Vertrag. Besonders
relevant ist hierbei, ob ein konkreter Miet- oder Nutzungszweck vereinbart ist.
Es ist ein Nutzungszweck vereinbart
Ist ein Nutzungszweck vereinbart, kommt eine Unmöglichkeit der Pflicht
des Vermieters zur Überlassung der Mietsache nach § 275 Abs. 1
BGB in Frage. Die Unmöglichkeit hätte
dann den Ausschluss des Anspruchs auf die Gegenleistung (auf die
Miete) zur Folge, § 326 BGB.
Der im Mietvertrag vereinbarte Miet- und Nutzungszweck verpflichtet einerseits den Mieter, die Mietsache nicht über den
vereinbarten Zweck hinaus oder gänzlich anders zu nutzen. Er verpflichtet aber
andererseits auch den Vermieter, dem Mieter ein Mietobjekt zu überlassen, das
für die vereinbarte Nutzung geeignet ist. Kann die
Mietsache für die im Mietvertrag vereinbarte Nutzung aufgrund einer behördlichen Anordnung nicht mehr verwendet und
(entscheidend!) also der Miet- und Nutzungszweck nicht erreicht werden, kann
hierin eine (vorübergehende) Unmöglichkeit der vom Vermieter geschuldeten Überlassung der Mietsache zum
vereinbarten Zweck gesehen werden. Die gesetzliche Folge wäre, dass der Mieter
von der Gegenleistung (also der Mietzahlung) für den gesamten Zeitraum des
Vorliegens der Unmöglichkeit befreit wäre, §
326 Abs. 1 BGB.
Es ist kein Nutzungszweck vereinbart
Ist kein Nutzungszweck vereinbart, kann ein Fall der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB)
vorliegen, aufgrund dessen der Mieter die Anpassung des Vertrags verlangen
(z.B. Herabsetzung der Miete oder Stundung), und – wenn keine andere Lösung zumutbar ist – den Vertrag sogar
kündigen kann.
Die Geschäftsgrundlage eines Vertrags wird – kurz gesagt
– durch die bei Vertragsschluss bestehenden gemeinsamen Vorstellungen beider
Parteien oder die erkennbaren Vorstellungen einer Vertragspartei gebildet, wenn
der Vertrag auf diesen Vorstellungen aufbaut.
Hierunter kann man auch die Erwartung der Mietvertragsparteien fassen,
dass die Mietsache auch für den Betrieb des Unternehmens tatsächlich –
einschließlich dem Empfang und der Bedienung von Kunden im Geschäft – genutzt
werden kann. Das sollte jedenfalls dann gelten,
wenn die für den Betrieb erforderlichen Genehmigungen des Mieters allesamt
vorliegen. Eine Störung der Geschäftsgrundlage kommt aber nicht nur bei einer
Änderung von tatsächlichen Umständen sondern auch bei Rechtsänderungen in
Frage.
Es spricht also einiges dafür, dass Maßnahmen der Behörden oder des
Gesetzgebers im Rahmen der Corona-Krise zu einer Störung der Geschäftsgrundlage
führen können. Es muss hier von einem unvorhersehbaren
Ereignis ausgegangen werden, aufgrund dessen insbesondere für Gewerbemieter die
Kosten für die angemieteten Räumlichkeiten nichtmehr in einem zumutbaren
Verhältnis zu der bei Vertragsschluss vorausgesetzten Nutzbarkeit stehen.
Die Rechtsfolgen der Störung der Geschäftsgrundlage reichen von der Anpassung
des Vertrags (hier also insbesondere einer Reduzierung der Miete) bis hin zu einem
Kündigungsrecht, letzteres aber nur, wenn alle anderen Rechtsfolgen aussichtslos sind. Die Vertragsanpassung kann auf unterschiedliche
Weise erfolgen: am häufigsten wird man sich wohl über eine Herabsetzung oder eine Stundung der Mietzahlung Gedanken machen müssen. Ein vollständiger Ausschluss der Pflicht zur Mietzahlung
wird hier wohl eher ausscheiden.
Maßnahmen in der Corona-Krise als Mietmangel
Ein Mietmangel wegen der Corona-Krise erscheint dagegen ausgeschlossen, so dass Mieter die Mietzahlung nicht nach § 536 BGB mindern dürfen. Ein Mietmangel setzt nämlich regelmäßig voraus, dass die Einschränkung der Nutzbarkeit unmittelbar mit der Mietsache oder ihrem direkten Umfeld zusammenhängt. Das ist aber bei einer Schließung wegen der Corona-Krise nicht ohne weiteres der Fall. Die Mietsache wird in ihrer Substanz hierdurch nicht beeinträchtigt; behördliche Anordnungen haben auf die Nutzbarkeit in der Regel nur mittelbare Auswirkungen, die aber dann keinen Mietmangel begründen.
Wir beraten Sie
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bieten Ihnen aufgrund der aktuellen Lage eine telefonische Beratung. Lassen Sie
Ihren Gewerbemietvertrag und Ihre persönliche Lage von uns darauf prüfen, ob
eine Herabsetzung der Miete für Sie in Frage kommt, bzw. droht.
Sprechen Sie als Mieter mit
Ihrem Vermieter über eine Kürzung der Miete oder das weitere Vorgehen mit der
Mietzahlung, um gerichtliche Verfahren zu vermeiden. Zahlen Sie als Mieter
ansonsten die Miete unbedingt „unter dem Vorbehalt der Rückforderung“. Damit
vermeiden Sie zunächst eine Kündigung und gegebenenfalls einen teuren
Räumungsrechtsstreit. Nach der Krise können die Mietzahlungen (gegebenenfalls
auch gerichtlich) wieder zurückgefordert werden.
Dieser Artikel wurde veröffentlicht in
Gewerbemietrecht.